Anerkennung einschlägige Berufserfahrung

Betriebsvereinbarung endlich abgeschlossen!

Der Betriebsrat hat mit der Geschäftsführung am 12.06.2020 eine Betriebsvereinbarung zur Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung für die Stufenzuordnung zur Entgelttabelle abgeschlossen. Diese Vereinbarung erfolgt in Ergänzung zu § 15 Abs. 2 des Haustarifvertrags und mit dem Ziel, einen einheitlichen und definierten Handlungsrahmen in der Frage der Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung sicher zu stellen. Teil dieser Vereinbarung ist eine Anlage, in der bestimmt wird, welche Tätigkeiten und/oder Funktionen als einschlägige Beruferfahrung für die Arbeit in der Assistenz Anerkennung finden sollen.

Die Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung und vor allem auch der weitgehende Erhalt der erreichten Erfahrungsstufe auch bei Unterbrechungen des Arbeits-verhältnisses von mehr als sechs Monaten war spätestens mit Einführung der Betriebsvereinbarung Entgeltsystematik Ziel des Betriebsrats. Lange konnte darüber aber mit der Leitung keine Einigung erzielt werden, die zwar Interesse an einer Anerkennung für bestimmte Tätigkeiten und Berufsgruppen hatte, vergleichsweise weniger für den Assistent*innenbereich.

Bei der Bestimmung einschlägiger Beruferfahrung für die Tätigkeit in der persönlichen Assistenz waren wir zudem mit dem Problem konfrontiert, dass weder eine übergeordnete und allgemeingültige Beschreibung von Tätigkeitsmerkmalen noch ein konkret definiertes Berufsbild exisiert. Mit der Anlage ist es nun gelungen, zumindest auf betrieblicher Ebene einen einheitlichen Handlungsrahmen zu definieren. Ob dieses Anerkennungserfahren reibungslos umzusetzen ist, wird sich in der betrieblichen Praxis erst noch zeigen müssen. Wir sind mit der Leitung darüber im Gespräch, wie eine zeitnahe Klärung der korrekten Eingruppierung unter Einhaltung der Anhörungsfristen bei beabsichtigen Einstellungen gemäß § 99 BetrVG funktionieren kann.


Ergänzende Vereinbarung zu § 15 Abs. 2 Stufen der Entgelttabelle und entsprechender Protokollerklärung des Haustarifvertrags vom 05.03.2020 in der Fassung vom 27.04.2020

Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung für die Stufenzuordnung der Entgelttabelle


§ 1 Vertragsparteien

Diese ergänzende Vereinbarung zu § 15 Abs. 2 Stufen der Entgelttabelle und entsprechender Protokollerklärung oben genannten Haustarifvertrags wird zwischen
+ ambulante dienste e.V., Urbanstr. 100, 10967 Berlin, vertreten durch die Geschäftsführung und den Vorstand und
+ dem Betriebsrat des ambulante dienste e.V., vertreten durch den / die Betriebsrats-vorsitzenden / Betriebsratsvorsitzende geschlossen.

§ 2 Geltungsbereich

Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Beschäftigten bei ambulante dienste e.V. in einem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis.

§ 3 Grundsätze und Ziele der Vereinbarung

(1) Diese Betriebsvereinbarung verfolgt das Ziel, einen einheitlichen und definierten Handlungsrahmen in der Frage der Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung sicher zu stellen.
(2) Die Festlegung der Stufenzuordnung soll sich grundsätzlich am tariflichen Merkmal der einschlägigen Berufserfahrung orientieren.

§ 4 Definition von einschlägiger Berufserfahrung

(1) Einschlägige Berufserfahrung ist eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit. Sie liegt vor, wenn die frühere Tätigkeit im wesentlichen unverändert fortgesetzt wird. Ausreichend kann aber auch eine gleiche oder gleichartige Tätigkeit sein, vorausgesetzt, sie entspricht in der Wertigkeit der zukünftigen Eingruppierung. Maßgeblich ist, ob das für die frühere Tätigkeit nötige Wissen und Können und die dort erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen typischerweise konkret auch für die neue Tätigkeit erforderlich sind und diese prägen. Beide Tätigkeiten müssen nach Aufgabenzuschnitt und Niveau zumindest gleichwertig sein.
(2) Für die Tätigkeit als persönliche*r Assistent*in existiert weder eine übergeordnete und allgemeingültige Beschreibung von Tätigkeitsmerkmalen noch ein konkret definiertes Berufsbild. Aufgrund dessen wird in einer Anlage 1 dieser Vereinbarung niedergelegt, welche Tätigkeiten als einschlägige Berufserfahrung für die Arbeit in der Assistenz Anerkennung finden sollen.

§ 5 Grundsätze und Systematik der Stufenzuordnung

(1) Neubeschäftigte, die über keine einschlägige Berufserfahrung verfügen, werden bei der Einstellung grundsätzlich der Stufe 1 ihrer Entgeltgruppe zugeordnet.
(2) Bei innerbetrieblichem Wechsel der Tätigkeit gelten hinsichtlich der Stufenzuordnung die Regelungen entsprechend § 16 Abs. 3 Satz 1 Haustarifvertrag sowie die Protokoll-erklärung zu diesem Satz.
(3) Bei Vorliegen einschlägiger Berufserfahrung aus vorhergehenden Arbeitsverhältnissen erfolgt folgende Stufenzuordnung:
+ Stufe 2 bei mindestens einem Jahr innerhalb der letzten zwei Jahre
+ Stufe 3 bei mindestens drei Jahren innerhalb der letzten fünf Jahre
+ Stufe 4 bei mindestens sechs Jahren innerhalb der letzten acht Jahre
(4) Eine innerbetrieblich erworbene einschlägige Berufserfahrung ist einer bei anderen Arbeitgebern erworbenen gleichgestellt.
(5) Abweichend davon können zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorher-gehenden beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigt werden, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist. Zwingende Voraussetzung dafür ist das Erfordernis der Personalgewinnung – d.h. der Personalbedarf kann anderenfalls quantitativ oder qualitativ nicht hinreichend abgedeckt werden -, als auch die Zustimmung des Betriebsrats.
(6) Die Ausnahme im Sinne § 5 Abs. 5 bedarf einer detaillierten und plausiblen Begründung durch die Geschäftsführung. Inhaltlich kommen als förderliche Beschäftigungszeiten in erster Linie gleichartige und gleichwertige Tätigkeiten in Betracht. Sie können insbe-sondere vorliegen, wenn die frühere Tätigkeit mit der auszuübenden Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang steht und Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen für die zukünftige Aufgabenerfüllung offenkundig von Nutzen sind.
(7) Für die Stufenlaufzeiten gelten die Regelungen des § 15 Abs. 3 Haustarifvertrag.

§ 6 Regelungen bei Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses

(1) Erfolgt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit ambulante dienste e.V. ein Wiedereintritt und der Abschluss eines neuen Arbeitsverhältnisses in derselben Tätigkeit, wird die Berufserfahrung aus dem vorhergehenden Arbeitsverhältnis mit ambulante dienste e.V. berücksichtigt. Die Stufenzuordnung erfolgt zu der Stufe, die vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erreicht wurde:
+ bei einer Unterbrechung von längstens sechs Monaten
+ bei einer Unterbrechung von längstens zwölf Monaten, wenn dieses durchgängig mindestens drei Jahre bestanden hat
+ bei einer Unterbrechung von längstens vierundzwanzig Monaten, wenn dieses durch-gängig mindestens sechs Jahre bestanden hat.
(2) Des weiteren gelten bei einer Wiederaufnahme der vorherigen Tätigkeit die Regelungen zum Vorliegen einschlägiger Berufserfahrung gemäß § 5 Abs. 3 dieser Verein-barung.
(3) Ruhende Beschäftigungsverhältnisse aufgrund von unbezahlter Freistellung von der Arbeit, Elternzeit etc. stellen keine Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses dar. Sie haben nur dahingehend Auswirkung auf die Stufenzuordnung, dass in den Ruhezeiten des Beschäftigungsverhältnisses die jeweilige Stufenlaufzeit ebenfalls ruht.

§ 7 Schlussbestimmungen

(1) Die Betriebsvereinbarung tritt mit Wirkung vom 01.06.2020 in Kraft. Sie kann mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende, frühestens jedoch zum 31.12.2021 schriftlich gekündigt werden. Sie wirkt nach bis zum Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung zum Sachverhalt.

(2) Widerspricht eine Vorschrift dieser Vereinbarung höherrangigem Recht, so bleibt die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen davon unberührt. Die Parteien der Betriebs-vereinbarung verpflichten sich, die unwirksame Vorschrift durch eine ihr inhaltlich möglichst entsprechend wirksame Vorschrift zu ersetzen.


Anlage 1
BV Anerkennung Einschlägige Berufserfahrung – Assistent*innen


Präambel

Persönliche Assistenz ist die Gewährleistung einer allseitigen Unterstützung und Ermög-lichung eines selbstbestimmten Lebens für Menschen mit Behinderungen und einem umfangreichen Assistenzbedarf in einem besonderen psycho-sozialen Kommunikations-prozess.

Die Tätigkeit der Persönlichen Assistent*innen ist nicht als Hilfstätigkeit in Bezug auf eine wie immer geartete Haupttätigkeit im direkten arbeitsorganisatorischem Verbund abgrenz- und unterscheidbar. Sie stellt immer in Bezug auf die Assistenznehmer*innen die alleinige gesamte Haupttätigkeit dieses Aufgabenbereichs dar.

§ 1 Ziele

Diese Anlage 1 der Betriebsvereinbarung Anerkennung einschlägige Berufserfahrung verfolgt das Ziel, einen einheitlichen und definierten Handlungsrahmen in der Frage der Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung für die Tätigkeit als Assistent*in herzustellen.

§ 2 Allgemeine Definition

Einschlägige Berufserfahrung ist eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit. Sie liegt vor, wenn die frühere Tätigkeit im wesentlichen unverändert fortgesetzt wird.

§ 3 Spezifika

Für die Tätigkeit als persönliche*r Assistent*in existiert weder eine übergeordnete und allgemeingültige Beschreibung von Tätigkeitsmerkmalen noch ein konkret definiertes Berufsbild.

Aufgrund dessen wird in dieser Vereinbarung niedergelegt, welche Tätigkeiten und/oder Funktionen als einschlägige Beruferfahrung für die Arbeit in der Assistenz Anerkennung finden sollen.

§ 4 Anerkennung einschlägige Berufserfahrung

(1) Ersten Grades

Grundsätzlich werden Tätigkeiten in folgenden Bereichen als einschlägige Berufs-erfahrung anerkannt:

· Persönliche Assistenz in einem Assistenzdienst
· Assistenztätigkeit im persönlichen Budget
· Spezifische Assistenztätigkeiten (Schul-, Arbeits-, Elternassistenz etc.)
· Heilerziehungspflege
· Gesundheits- und Krankenpflege
· Sozialarbeit

(2) Zweiten Grades

Werden Tätigkeiten im Sinne § 4 Abs. 1 im Rahmen des Zivildienstes, des Freiwilligen Sozialen Jahres, des Bundesfreiwilligendienstes etc. durchgeführt, werden diese ebenfalls als einschlägige Berufserfahrung anerkannt.

Tätigkeiten in folgenden Berufsfeldern können einvernehmlich zwischen den Parteien als einschlägige berufliche Vorerfahrung anerkannt werden, wenn sie im Tätigkeitsprofil und/oder den Funktionsanforderungen den Anforderungen der persönlichen Assistenz entsprechen:

· Rettungssanitäter*in/-helfer*in
· Sozialassistent*in / Sozialbetreuer*in
· Pflegehelfer*in
· Einzelfallhelfer*in

(3) Einzelfälle und Ausnahmen

Zur Deckung des Personalbedarfs können Zeiten einer vorhergehenden Tätigkeit für die Stufenzuordnung berücksichtigt werden, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist. Zwingende Voraussetzung dafür ist das Einvernehmen zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat.

Die Ausnahme im Sinne § 5 Abs. 5 der Vereinbarung Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung bedarf einer detaillierten und plausiblen Begründung. Inhaltlich kommen als förderliche Beschäftigungszeiten in erster Linie gleichartige und gleichwertige Tätig-keiten in Betracht. Sie können insbesondere vorliegen, wenn die frühere Tätigkeit mit der auszuübenden Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang steht und Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen für die zukünftige Aufgabenerfüllung offenkundig von Nutzen sind.

§ 5 Schlussbestimmungen

Diese Anlage 1 zur Betriebsvereinbarung Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung tritt mit Wirkung vom 01.06.2020 in Kraft. Sie kann mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende, frühestens jedoch zum 31.12.2021 schriftlich gekündigt werden. Sie wirkt nach bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung zum Sachverhalt.

Widerspricht eine Vorschrift dieser Anlage 1 höherrangigem Recht, so bleibt die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen davon unberührt. Die Parteien verpflichten sich, die unwirksame Vorschrift durch eine ihr inhaltlich möglichst entsprechend wirksame Vorschrift zu ersetzen.

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