Dienstanweisung zur telefonischen Erreichbarkeit

Rufbereitschaft von AssistentInnen während einer Ausfallschicht wird vorläufig ausgesetzt!

Kurzer Bericht zum Arbeitsgerichtstermin am 6. Juni 2012

Wie der Betriebsrat auf Betriebsversammlungen und an anderer Stelle oft ausgeführt hat, stehen wir der seit Anfang 2012 angedrohten Dienstanweisung für AssistentInnen kritisch gegenüber.

Abgesehen davon, dass die Leitung von ambulante dienste e.V. mit diesem eher untauglichen Instrument ihre Probleme in der Vermittlungspraxis einseitig zulasten der AssistentInnen zu lösen versucht, erlaubt die Grundlage unserer Arbeitsverträge ein solches Vorgehen nicht.

Ein Teilaspekt dieser Dienstanweisung ist die neu verfügte telefonische Erreichbarkeit bzw. Rufbereitschaft der AssistentInnen während einer Ausfallschicht. Bislang galt, dass sich ein in Ausfallschicht befindliche/r AssistentIn an den beiden Tagen vor der Ausfallschicht im Büro telefonisch zu melden hatte. Gibt es zu diesem Zeitpunkt keinen Einsatz in dem vorgegebenen Zeitrahmen der Ausfallschicht, verliert der/die AssistentIn deshalb nicht seinen/ihren Anspruch auf Vergütung. Nimmt er/sie nach dieser Meldefrist noch Arbeit an, ist das rein freiwillig.

Da dies ausdrücklich auch so in den Arbeitsverträgen festgeschrieben ist, hat jede/r individualrechtlich gute Chancen gegen eine Verschlechterung dieser Praxis vorzugehen. Will die Leitung hier etwas ändern, müsste sie eine Änderungskündigung durchführen.

Nun wissen wir, dass viele Beschäftigte aus unterschiedlichen Gründen den Konflikt mit Einsatzbegleitungen und Geschäftsführung bei einem möglichen Gang vor das Arbeitsgericht scheuen.

Da zudem die Mitspracherechte des Betriebsrates bei der Einführung der neuen Rufbereitschaft trotz mehrfacher Aufforderung einfach ignoriert wurden, haben wir vor dem Arbeitsgericht eine Klage verbunden mit einem Antrag auf einstweilige Unterlassung eingereicht. Beides wurde am 6. Juni erstmals verhandelt.

Der Arbeitsrichter hatte es nicht leicht, denn die ganzen „Sonderregelungen“, die es bei ambulante dienste e.V. gibt, führen zu „Sonderbegriffen“ und „Sondertatbeständen“, die außerhalb des Betriebs wohl keiner versteht und braucht.

Erfreulich war erst einmal, dass der Arbeitsrichter, notwendigen Klärungsbedarf seitens des Arbeitgebers sah. Dem leidigen Singsang: „man sei doch ein Tendenzbetrieb, weil man sich irgendwie um Behinderte kümmere, und deshalb seien die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates eingeschränkt usw. usw.“, mochte der Arbeitsrichter milde lächelnd überhaupt nicht folgen. Vielmehr verwies er auf unklar verwendete Begriffe, auf die individualrechtlich einklagbare Regelung der Arbeitsverträge, auf die Änderung einer bisherigen betrieblichen Praxis u.a.m.

Deshalb rege er an, dass die Geschäftsführung bis zur Hauptverhandlung auf die Umsetzung der verlangten Rufbereitschaft verzichten solle. Sie solle doch stattdessen die Zeit bis dahin nutzen, um mit dem Betriebsrat ins Gespräch zu kommen, weil sie dies doch sowieso tun müsse. Er sehe hier doch eher ein psychologisches als ein rechtliches Problem. Diesem Vergleich zur Einstellung der Rufbereitschaft bis zur Verhandlung in der Hauptsache stimmte die Geschäftsführung nach einer längeren Rücksprache mit ihrer Anwältin schließlich zu.

Die Schwierigkeiten diesen Vergleich dann aber so zu formulieren, dass beide Parteien damit leben können, verriet aus unserer Sicht einiges. Die Leitung will scheinbar unbedingt ihr Direktionsrecht stärken, gleichgültig ob die arbeitsvertragliche Grundlage dies erlaubt oder nicht. Bis heute wurde nicht verstanden, was Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bedeuten, nämlich eine Parität beider Parteien, die bei Uneinigkeit durch einen unabhängigen Dritten entschieden wird. Mit Widerstand aus der Belegschaft rechnet die Leitung scheinbar eher weniger.

Zurück zum Ergebnis der Verhandlung: Konkret heißt dies, dass mindestens bis zum ersten Kammertermin am 24. Oktober 2012 die alte Regelung bzgl. der Ausfallschichten bei ambulante dienste e.V. gilt!

Solltet ihr dennoch betroffen sein oder mitbekommen, dass weiterhin AssistentInnen dazu verpflichtet werden, während einer Ausfallschicht telefonisch erreichbar zu sein, oder in irgendeiner anderen Form die Ausfallgeldregelung missbräuchlich umgangen werden soll, sagt uns unbedingt Bescheid!

Wenn wir gezwungen werden, werden wir eben mit derselben Geschichte in anderem Gewand erneut vor das Arbeitsgericht gehen.

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Zum Thema Rufbereitschaft siehe auch: On Call! Rufbereitschaft als Anrufung

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