Wir haben gestern nun endlich die Betriebsvereinbarung mobiles Arbeiten unterschrieben, was lange währt…den ersten Entwurf hatten wir vor ziemlich genau zwei Jahren geschrieben. Dem voraus gegangen waren zwei Jahre Pandemie, in denen sich eine mehr oder weniger umfängliche Tätigkeit im HomeOffice aus Gründen des Infektions-schutzes und entsprechender rechtlicher Vorgaben ergeben hatte. Nun bestand der Wunsch, die Tätigkeit von zu Hause als dauerhaften Anspruch zu verstetigen, was jetzt mit dieser Vereinbarung geschehen ist.
Der Begriff HomeOffice ist umgangssprachlich und kein juristischer Begriff. Solche sind hingegen die Begriffe Telearbeitsplatz und Mobile Arbeit. Regelungen zum Telearbeits-platz finden sich insbesondere in § 2 Abs. 7 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und definieren u.a. Ansprüche und Anforderungen an einen Telearbeitsplatz. Bei der Mobilen Arbeit beschränken sich die Anforderungen an den Arbeitgeber wesentlich auf die Bereitstellung der Arbeitsmittel. Für die anfallenden zusätzlichen Kosten im eigenen Haushalt (Strom, Heizung usw.) wurde als Anlage 3 die verpflichtende Übernahme einer Unkostenpauschale durch den Arbeitgeber in Höhe von 0,70 € pro Tag vereinbart. Die Auszahlung erfolgt jeweils zum Quartal und und gilt rückwirkend ab dem 01.01.2024.
Das Gesamtergebnis scheint uns gut und dem Wunsch nach mobiler Arbeit ausreichend entgegen zu kommen. Ein Problem sehen wir eher in der Berücksichtigung der indirekt betroffenen Beschäftigtengruppen: Organisationsmitarbeiter*innen, die lieber im Büro als mobil arbeiten oder aus persönlichen Gründen im Büro arbeiten müssen, und bei den indirekt betroffenen Assistent*innen. Hier müssen betriebliche Praxis und Dienstplan-ausschuss (insbesondere bei sich widersprechenden Anträgen) erweisen, ob wir nachkorrigieren müssen.
Betriebsvereinbarung mobiles Arbeiten
Präambel
Die Vertragsparteien haben sich darauf verständigt, den Arbeitnehmer*innen unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit zu geben, einen Teil ihrer Arbeitsleistung von einem anderen als dem vertraglich vereinbarten Arbeitsort aus zu erbringen. Dies soll vor allem zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben beitragen. Betriebliche Belange sind dabei angemessen zu berücksichtigen. Die Betriebsparteien sind sich bewusst, dass mobiles Arbeiten ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen und ein verantwortungsvolles Handeln aller Beteiligten erfordert. Ziel dieser Vereinbarung ist es, mobile Arbeit in einer ausgewogenen und transparenten Weise zu regeln.
§ 1 Vertragsparteien und Geltungsbereich
(1) Die Vereinbarung mobiles Arbeiten wird zwischen ambulante dienste e.V., Wilhelm-Kabus-Str. 21-35, 10829 Berlin, vertreten durch die Geschäftsführung und den Vorstand und dem Betriebsrat des ambulante dienste e.V., vertreten durch den/die Betriebsratsvorsitzende/n, geschlossen.
(2) Diese Vereinbarung gilt für alle Arbeitnehmer*innen der Einsatzstelle und der Beratungsbüros bei ambulante dienste e.V. in einem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis.
§ 2 Begriffsbestimmungen
(1) Mobiles Arbeiten ist eine Arbeitsform, die nicht in einer Arbeitsstätte gemäß § 2 Absatz 1 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) oder an einem fest eingerichteten Telearbeitsplatz gemäß § 2 Absatz 7 ArbStättV im Privatbereich der Arbeitnehmer*innen ausgeübt wird, sondern bei der die Arbeitnehmer*innen an anderen Orten tätig werden. Voraussetzung hierfür ist der Ausschluss betriebsfremder Dritter. Für die Verrichtung mobiler Arbeit werden elektronische und nicht-elektronische Arbeitsmittel eingesetzt.
(2) Arbeitszeiten der Rufbereitschaft, des Bereitschaftsdienstes sowie Tätigkeiten, die aufgrund der Arbeitsaufgabe außerhalb des Betriebs erbracht werden müssen, gehören nicht in den Regelungsbereich dieser Betriebsvereinbarung zur mobilen Arbeit. Rechte und Ansprüche aus den Dienstformen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst regeln die jeweiligen Betriebsvereinbarungen und ggf. ihre Anlagen.
§ 3 Grundsätze
(1) Die Teilnahme an mobiler Arbeit ist freiwillig. Für die Arbeitnehmer*innen definiert diese Vereinbarung die Kriterien des Rechts auf einen Antrag nach mobiler Arbeit. Von Seiten des Arbeitgebers gibt es (jenseits von Ausnahmefällen) kein Recht auf die Anordnung von mobiler Arbeit.
(2) Die Arbeitnehmer*innen sind jederzeit berechtigt, von einer nach § 5 erteilten Erlaubnis zur Teilnahme an mobiler Arbeit keinen Gebrauch mehr zu machen und ihre Arbeitsleistung im Betrieb zu erbringen.
(3) In Ausnahmefällen kann der*die Arbeitgeber*in für die in § 1 Abs. 2 benannten Arbeitnehmer*innen in besonderen Krisensituationen, wie z. B. Brand im Betrieb, Naturkatastrophen, Pandemien, unter Mitbestimmung des Betriebsrats für die Dauer der besonderen Krisensituation mobile Arbeit für alle oder Gruppen von Arbeitnehmer*innen anordnen.
(4) Arbeitnehmer*innen, die mobil arbeiten, steht gleichwohl weiterhin ein Arbeitsplatz im Betrieb zur Verfügung. Die Arbeit im Betrieb bleibt der Regelfall, mobiles Arbeiten die Ausnahme.
(5) Mobiles Arbeiten kann sowohl ganztägig als auch tagesanteilig erfolgen. Es findet bezogen auf Beschäftigte, die an 5 Arbeitstagen in der Woche tätig sind, an maximal 2 Arbeitstagen in der Woche statt.
Teilzeitbeschäftigte mit 24 Stunden Arbeitszeit – bei Erbringung der Arbeitszeit an vier Arbeitstagen in der Woche – haben Anspruch auf maximal 1,5 Arbeitstage mobiles Arbeiten in der Woche. Halbe Tage können bezogen auf den Monat auf maximal zwei Tage mobile Arbeit in der Woche akkumuliert werden.
Teilzeitbeschäftigte mit drei Arbeitstagen pro Woche haben Anspruch auf maximal einen Arbeitstag mobiles Arbeiten in der Woche.
(6) Die Fahrtzeiten bei anteilig genommenen Tagen in Kombination mit Büroarbeitstagen gelten nicht als Arbeitszeit.
(7) Die Festlegung der konkreten Arbeitstage, die im mobilen Arbeiten durch die einzelnen Beschäftigte erbracht werden, erfolgt jeweils in den Teams gesteuert durch die jeweiligen Vorgesetzten. Die Planung erfolgt monatlich für den jeweiligen Folgemonat. Die Festlegung der Aufgaben und Tätigkeiten, die im Rahmen des mobilen Arbeitens erbracht werden, erfolgt in Abstimmung mit den jeweiligen Vorgesetzten.
(8) Die Beschäftigten haben keinen Anspruch auf einen regelmäßigen Wochentag. Es entstehen keine Gewohnheitsrechte auf Umfang oder Wochentag vormals gewährter Tage in mobiler Arbeit. In Streitfällen entscheidet der Dienstplanausschuss gemäß Betriebsvereinbarung Dienstplanung Arbeitnehmer*innen vom 1.10.2016.
(9) Im geplanten Monat nicht in Anspruch genommene mobile Arbeitstage können nicht angesammelt und auch nicht auf nachfolgende Zeiträume übertragen werden.
§ 4 Voraussetzungen
(1) Sachlich
Um an mobiler Arbeit teilnehmen zu können, muss die Arbeitsaufgabe geeignet sein. Eine Arbeitsaufgabe ist dann geeignet, wenn sie ohne Beeinträchtigung des Arbeitsergebnisses, des betrieblichen Ablaufs und des Kontakts zum Betrieb eine zeitweilige Abwesenheit von dem betrieblichen Arbeitsplatz zulässt.
(2) Persönlich
Arbeitnehmer*innen, die an mobiler Arbeit teilnehmen wollen, müssen mehr als 6 Monate in ungekündigter Stellung im Betrieb beschäftigt sein. Arbeitnehmer*innen, die an mobiler Arbeit nach dieser Betriebsvereinbarung teilnehmen, müssen vor dem ersten mobilen Arbeiten eine Arbeits- und Sicherheitsunterweisung gemäß folgendem Absatz 3 erhalten.
(3) Betrieblich
Auch für die mobile Arbeit findet eine Gefährdungsbeurteilung unter besonderer Berücksichtigung der ergonomischen und psychischen Belastungen statt. Eine zu Beginn der mobilen Arbeit durchzuführende und dann folgend alljährliche Arbeits- und Sicherheitsunterweisung für Arbeitnehmer*innen in mobiler Arbeit berücksichtigt insbesondere die Themen Ergonomie, Arbeitszeiten und Pausen.
§ 5 Verfahren
(1) Für den zu stellenden Antrag auf Erteilung der Erlaubnis zur Teilnahme an mobiler Arbeit ist das vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Formblatt >Antrag auf mobile Arbeit< zu verwenden (Anlage 1 dieser Betriebsvereinbarung). Dieses ist ausgefüllt und unterschrieben bei der Geschäftsführung und der*dem jeweiligen Vorgesetzten acht Wochen vor Beginn der Maßnahme einzureichen.
(2) In Streitfällen entscheidet der Dienstplanausschuss.
(3) Die Teilnahme an mobiler Arbeit bedarf außerdem einer schriftlichen Ergänzung zum Arbeitsvertrag (die standardisierte >Zusatzvereinbarung mobiles Arbeiten< ist als Anlage 2 der Betriebsvereinbarung beigefügt). Sie beinhaltet insbesondere die Festlegung der maximalen Arbeitstage in mobiler Arbeit pro Woche oder Monat, die unter Beachtung der hiesigen Vereinbarung von dem/der jeweiligen Vorgesetzten und dem/der Arbeitnehmer*in festgelegt werden.
(4) Wechselt der/die Arbeitnehmer*in die Position beim Arbeitgeber, verliert die Zusatzvereinbarung mit Antritt der neuen Stelle ihre Gültigkeit. Der Vorgesetzte für die neue Position und der/die Arbeitnehmer*in prüfen, ob und in welchem Umfang mobile Arbeit fortgesetzt werden kann.
§ 6 Arbeitszeit und Zeiterfassung
(1) Mobile Arbeit dient nicht dazu, die vereinbarte individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit zu erhöhen oder zu reduzieren.
(2) Die Lage der Arbeitszeit während des mobilen Arbeitens wird in der Regel zwischen der/dem Arbeitnehmer*in und dem Vorgesetzten abgestimmt und im Dienstplan dokumentiert; das Weisungsrecht des Arbeitgebers bleibt hiervon unberührt. In der dokumentierten Zeit wird der/die Arbeitnehmer*in telefonisch und per E-Mail erreichbar sein.
(3) In Streitfällen entscheidet der Dienstplanausschluss.
(4) Die Arbeitnehmer*innen erfassen ihre Arbeitszeit auf betriebsübliche Weise im Zeiterfassungssystem.
§ 7 Arbeitsmittel und Aufwendungsersatz
(1) Die Arbeitnehmer*innen nutzen während der mobilen Arbeit ausschließlich die ihnen überlassenen dienstlichen Computer, Laptops Mobiltelefone u.ä.
(2) Weitere nicht-elektronische Arbeitsmittel werden vom Arbeitgeber nach Bedarf gestellt.
(3) Für Energie (Strom, Heizung, Wasser) erhält der*die Beschäftigte eine Unkostenpauschale gemäß Anlage >Unkosten mobile Arbeit< (Anlage 3) pro Arbeitstag in mobiler Arbeit.
§ 8 Datenschutz
(1) Die Nutzung der dienstlichen Geräte zu privaten Zwecken ist den Arbeitnehmer*innen nicht gestattet.
(2) Dienstliche Informationen von überlassenen Computern, Laptops, Mobiltelefonen oder ähnlichen Geräten dürfen nicht auf betriebsfremde, insbesondere private IT-Systeme, übertragen werden.
(3) Die Arbeitnehmer*innen sind dazu verpflichtet, die ihnen zur Verfügung gestellten Geräte so einzusetzen, dass Sicherheitsvorfälle vermieden werden können. Sicherheitsvorfälle betreffen den Verlust des Gerätes oder der Datenträger, Systemstörungen oder die Kenntnisnahme von Informationen durch unberechtigte Dritte, unerlaubte Zugriffe oder den Befall mit Viren und anderer Schadsoftware. Die Arbeitnehmer*innen sind verpflichtet, die Arbeitgeberin unverzüglich über Sicherheitsvorfälle sowie Schäden am Gerät oder deren Verlust zu unterrichten.
§ 9 Haftungsausschluss
Mit Ausnahme von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haften die Arbeitnehmer*innen nicht für überlassene Geräte und Folgeschäden.
§ 10 Betriebliches Aussetzen der Erlaubnis zur mobilen Arbeit
(1) Der Arbeitgeber kann die Erlaubnis zur mobilen Arbeit unter Mitbestimmung des Betriebsrates aus sachlichen Gründen in folgenden Fällen befristet aussetzen:
a. wenn betriebliche Gründe wie z.B. Personalunterbesetzung, vermehrte Krankheitsfälle vorliegen;
b. wenn die Fortführung mobiler Arbeit nicht mehr oder nur noch mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist (z.B. bei Problemen in der Telekommunikation).
(2) Über Dauer des Aussetzens und Wiedereinführung der mobilen Arbeit entscheidet der Dienstplanausschuss.
§ 11 Widerruf der Erlaubnis zur mobilen Arbeit
(1) Die Erlaubnis zur Teilnahme an mobiler Arbeit kann bei Vorliegen eines sachlichen Grundes unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen durch den Arbeitgeber widerrufen werden. Liegt ein sachlicher oder in der Person des Beschäftigten nachgewiesener Grund vor, so kann die Erlaubnis mit sofortiger Wirkung ganz oder für die Dauer des Vorliegens eines sachlichen Grundes widerrufen werden.
(2) Ein solcher Grund liegt insbesondere vor, wenn
a. nachträglich eine oder mehrere der Voraussetzungen des § 4 (1) entfallen;
b. der Arbeitnehmer das dieser Betriebsvereinbarung zugrundeliegende besondere Vertrauensverhältnis missbraucht.
(3) In Streitfällen entscheidet der Dienstplanausschuss.
§ 12 Inkrafttreten, Kündigung und Geltungsdauer
(1) Diese Betriebsvereinbarung tritt am 01.11.2023 in Kraft.
(2) Die Vereinbarung kann mit einer Frist von 6 Monaten zum Monatsende gekündigt werden.
(3) Für den Fall der Kündigung gilt diese Betriebsvereinbarung solange weiter, bis sie durch eine anderweitige Vereinbarung der Betriebsparteien oder durch Spruch einer Einigungsstelle ersetzt wird.
§ 13 Salvatorische Klausel
Etwaige ungültige Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung berühren nicht die Rechtswirksamkeit der Vereinbarung im Ganzen. Sollten Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung unwirksam sein oder werden, oder sollten sich in dieser Betriebsvereinbarung Lücken herausstellen, wird infolgedessen die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. An Stelle der unwirksamen Bestimmungen oder zur Ausfüllung einer Lücke ist eine angemessene Regelung zu vereinbaren, die, soweit rechtlich zulässig, dem am nächsten kommt, was die Betriebsparteien gewollt hätten, sofern sie diesen Punkt bedacht hätten.