Brief des Betriebsrats ambulante dienste e.V. an die AOK Nordost (Juni 2024)
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir, die Betriebsräte von ambulante dienste e.V. und Neue Lebenswege GmbH, vertreten über 1000 Beschäftigte, die in Berlin in der persönlichen Behindertenassistenz arbeiten und die mit ihrer Tätigkeit den Behinderten in dieser Stadt ein eigenständiges, selbst-bestimmtes Leben ermöglichen.
Gegenwärtig finden seit Anfang des Jahres Vergütungs- bzw. Refinanzierungs-verhandlungen zwischen den Assistenzanbietern und den Kostenträgern, das sind der Senat und die Krankenkassen, statt. Federführend verhandelt für die Kostenträger hier die AOK Nordost.
Seit 2020 gibt es in den beiden großen Berliner Assistenzbetrieben Haustarifverträge. Diese lehnen sich nach dem Beschluss des Hauptausschusses der Berliner Landesregierung von 2017, die finanziellen Mittel bereitzustellen, um auch für freie Träger Tarifverträge zu refinanzieren, an das Niveau des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes der Länder (TV-L) an.
Leider warten die Beschäftigten in der Assistenz seit einem halben Jahr auf eine Übernahme der im Dezember 2023 zwischen ver.di und der der Tarifgemeinschaft der Länder erzielten Tarifergebnisse. Diese fanden noch im selben Monat unter Vorbehalt der Refinanzierung und inklusive der Einführung einer arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersvorsorge umgehend Eingang in eine haustarifliche Einigung bei ambulante dienste e.V. und Neue Lebenswege GmbH.
Bis heute ist es zu keiner Einigung gekommen. Tatsächlich scheint es, dass die bislang undurchsichtigen, ohne detaillierte Aufschlüsselung von den Refinanzieren vorgelegten pauschalen Angebote, in keiner Weise genügen den TV-L sowie den darin vorgesehenen Inflationsausgleich zu übernehmen. Darüber hinaus wird die Refinanzierung der betrieblichen Altersvorsorge, die in gleicher Höhe auch integraler Bestandteil des TV-L ist, von den Kostenträgern komplett zurückgewiesen.
Da von Senatsseite auch die im TV-L vereinbarte und ursprünglich zugesagte Haupt- oder Stadtstaatenzulage für die Freien Träger in Frage gestellt ist, können wir als Betriebsräte nur feststellen, dass die Unzufriedenheit und das Unverständnis gegenüber den Verantwortlichen unter den Beschäftigten der persönlichen Assistenz massiv wächst. Die Geduld ist bei vielen am Ende.
Zurecht verweisen die Beschäftigten auf Grund der hohen Inflationsraten auf zweistellige Reallohnverluste in den letzten Jahren, die auch mit Übernahme des TV-L und der darin enthaltenen Infaltionsausgleichszahlung in keiner Weise annähernd ausgeglichen würden. Die hohen Lebenshaltungskosten und ein im Bereich von kleinen und erschwinglichen Wohnungen vollständig zusammengebrochener Wohnungsmarkt machen es schon jetzt für beide Betriebe schwierig, offene Stellen zu besetzen. Mehr noch halten immer mehr Kolleg:innen, die mit ihrer Arbeit trotz vielerlei Erschwernisse (Schicht- und Wochenendarbeit, geringe soziale Anerkennung, etc. pp) an sich zufrieden sind, Ausschau nach Alternativen.
Aus diesem Grund fordern wir sie als Betriebsräte dringend dazu auf, sich mit aller Kraft dafür einzusetzen,
- dass die Ergebnisse des TV-L vollumfänglich und möglichst zügig in den Betrieben der persönlichen Assistenz umgesetzt werden können,
- dass die geplante betrieblichen Altersvorsorge refinanziert wird
- und dass die ursprünglich bereits zugesagte Hauptstadtzulage allen Freien Träger gewährt wird.
Nur so kann auch in Zukunft eine vernünftige Arbeit in der Berliner Behindertenassistenz gewährleistet werden.
Betriebsrat ambulante dienste e.V.