Antwortschreiben des BR vom 19.07.2012
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
da ist ja wieder einiges an Post unseres Arbeitgebers ins Haus geflattert: Das offizielle Zeugnis des MDK wie gut wir arbeiten, dann die Bitte, das auch weiterhin ganz ohne Drogen zu tun, und beigelegt der Brief Verfahren BR / ad – telefonische Erreichbarkeit in der Ausfallzeit. Dieser scheint nun aber ein halluzinogenes Rechtsverständnis zu verraten. Auf jeden Fall macht die Leitung in diesem Brief den Betriebsrat mitverantwortlich für Missmanagement und Härten in der Personalführung und diskreditiert ihn damit.
Doch der Reihe nach: Strittig ist seit Anfang 2012 u.a. die Einsetzbarkeit von AssistentInnen bei Ausfallzeiten, obwohl alles Wesentliche dazu in unseren Arbeitsverträgen und alles Weitere in der betrieblichen Praxis geregelt ist. Die Leitung würde gerne Arbeitsverträge Papier sein lassen und Dienstpläne als rein einseitige Verpflichtung der AssistentInnen verstehen. Das geht aber nicht.
Im Brief der Leitung zum Jahreswechsel hieß es:
„Des weiteren sind die Einsatzbegleitungen zur Verbesserung der Vermittlungssituation ab sofort berechtigt, in Ausfallzeiten eine Rufbereitschaft für die jeweilige Ausfallschicht anzuordnen. Das beinhaltet, dass AssistentInnen in der Zeit der Ausfallschicht telefonisch erreichbar sein müssen, um in ihrer Ausfallzeit Assistenz zu übernehmen.“
Nun sind wir aber als Betriebsrat bei einer Einführung von Rufbereitschaft in der Mitbestimmung, wurden jedoch trotz mehrfacher Aufforderung nicht gefragt. Beim ersten Arbeitsgerichtstermin im Juni empfahl der Richter die Aussetzung der Maßnahme bis zur außergerichtlichen Klärung mit dem Betriebsrat oder der Klärung im Hauptverfahren am 24.Oktober. Wir verstehen nicht, warum jetzt trotz Rechtsbelehrung weder verhandelt noch bis zum Oktober abgewartet wird. Stattdessen versucht die Leitung einseitig einen Bereitschaftsdienst zu installieren, was aber ebenfalls der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt.
Um Missverständnisse zu vermeiden: unter Einhaltung der Meldefristen könnt Ihr auf Grundlage der Arbeitsverträge bei Ausfallzeiten zu Bürotätigkeiten herangezogen werden. Aus unserem Rechtsverständnis könnt ihr aber nicht zum standby im Büro für eventuelle Assistenzeinsätze verpflichtet werden. Solltet Ihr dazu herangezogen werden, solltet ihr uns unbedingt Bescheid geben, damit wir dagegen vorgehen können.
In diesem Zusammenhang muss auch der Behauptung widersprochen werden, der Betriebsrat wolle eine Praxis „untersagen“. Das gilt nur insoweit, als diese Maßnahme bei Assistenzausfall sowohl die Dienstplangestaltung als auch die Privatsphäre der Beschäftigten so stark beeinflusst, dass er sein Mitbestimmungsrecht einfordert und Verhandlungen zu den genauen Bedingungen verlangt. Wer kann wann, wie oft, in welchem Verhältnis zu den Ausfallschichten, wie herangezogen werden. Die Leitung ihrerseits möchte dies einseitig selbst bestimmen, vermutlich weil sie ihr Personalmanagement für vernünftig, gerecht, alternativlos und unhinterfragbar hält. Wir sehen das anders.
Ein Wort zur Ideologie: die Leitung redet von „Wirtschaftlichkeit“ und „bezahlter Freizeit“. Wir können uns nicht erinnern, dass wirtschaftliche Erwägungen bei der Umsetzung des Assistenzkonzepts eine zentrale Rolle spielen. Widersprüche zwischen dem Arbeitsrecht und der Satzung des Vereins ambulante dienste e.V. gab es immer, müssen diskutiert und im Zweifelsfall auch einmal gerichtlich geklärt werden. So wird heute noch Ausbildungskurs nach Ausbildungskurs durch die Qualifikation geschleust, um einen ständigen Personalüberhang zur Gewährung absoluter Wahlfreiheit der AssistenznehmerInnen zu haben. Das Ganze geschieht ohne Rücksicht auf die Altbeschäftigten und ohne Rücksicht auf die Kosten.
Es geht nicht um „bezahlte Freizeit“, wie die Leitung schreibt, sondern um die Einhaltung bestimmter Fristen und Gesetze, die zum Schutz der ArbeitnehmerInnen entwickelt wurden. Schließlich sind die AssistentInnen nicht dafür verantwortlich, dass sie „ins Ausfallgeld“ kommen.
Wir verstehen nicht, warum die Leitung seit Anfang des Jahres derart vehement über das Ziel hinausschießt. Einseitige Maßnahmen werden ihr Direktionsrecht und ihre Autorität schwerlich stärken, und nicht nur die Leistungsträger könnten sich in der Tat eines Tages fragen, ob diese Art des Personalmanagements legitim, vernünftig und damit wirtschaftlich ist.
19.07.2012
Euer Betriebsrat
Betriebsrat c/o Ambulante Dienste – Gneisenaustr.2a – 10961 Berlin
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