Beitrag auf der ersten Betriebsversammlung des Jahres im April 2012
Wir dokumentieren einen Beitrag, der auf der letzten Betriebsversammlung von uns gehalten wurde.
Personalmanagement
Vor dem Hintergrund der letzten Monate meine ich, dass es an der Zeit ist, das so genannte Personalmanagement von ambulante dienste e.V. kritisch zu betrachten. Bei meiner Recherche zum Thema habe ich viele verschiedene Veröffentlichungen gefunden.
Gemeinsam waren allen diese Ziele:
Modernes Personalmanagement zielt – unter Einbeziehung von Aspekten der Sozial- und Umweltverträglichkeit – auf nachhaltigen Erfolg ab. Ziele eines effizienten Personalmanagements sind unter anderem höhere Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Arbeitsproduktivität, längere Betriebszugehörigkeit, also langfristige Bindung, sowie niedriger Krankenstand und geringere Fehlzeiten. Daraus folgen u. a. die Sicherung der Arbeitsplätze und die Verbesserung des Arbeitsklimas.
Wenn man diese Erkenntnisse mit dem abgleicht, was seit Ende des letzten Jahres bei ambulante dienste e.V. läuft, stellt man erhebliche Diskrepanzen fest.
Noch Anfang Dezember in ihrer Weihnachtsbotschaft bedankt sich die Geschäftsführung bei allen, die sie bzw. ambulante dienste e.V. tatkräftig unterstützt hätten und für die gute Zusammenarbeit.
Zitat: „Ohne euch hätte ambulante dienste e.V. dieses Jahr (2011) nicht so erfolgreich abschließen können. Dafür sage ich herzlich Dankeschön!“ Und im letzten Satz heißt es: „Ich freue mich darauf, auch im neuen Jahr wieder viele Herausforderungen zusammen mit euch zu meistern.“
Und die nächste Herausforderung folgte denn auch auf dem Fuße. Ende Dezember erfolgte ein Schreiben der GF an alle AssistentInnen, in dem es heißt: „… d. h. wir erreichen unsere Zielsetzungen nicht mehr, und die Qualität der durch ambulante dienste e.V. erbrachten Assistenz ist gesunken.“
Mit diesem Schreiben werden meiner Meinung nach alle AssistentInnen – denn das Schreiben ging ja an alle – unter Generalverdacht gestellt, nicht ausreichend zu arbeiten – um es mal milde auszudrücken.
Aus diesem Grund wären die Einsatzbegleitungen ab sofort berechtigt, AssistentInnen Einsätze anzuweisen. Die Reaktionen in der Belegschaft und beim BR darauf waren vielfältig: Irritation, Unverständnis, Verärgerung, Ignoranz.
Ich frage mich: Wie passt der Inhalt dieses Schreibens zu der Weihnachtsbotschaft? Zitat: „Ohne euch hätte ambulante dienste e.V. dieses Jahr (2011) nicht so erfolgreich abschließen können. Dafür sage ich herzlich Dankeschön!“
Damit wir uns nicht falsch verstehen, auch wir vom Betriebsrat sehen das Problem der Vermittlung, doch glauben wir nicht, dass diese Anweisungsstrategie das Problem lösen kann.
Eine, wie ich meine, viel bessere Möglichkeit dieses Problem langfristig zu lösen, könnten Arbeitsverträge mit einem festen Stundenvolumen sein; beide Seiten würden von dieser Lösung profitieren.
Gutes Personalmanagement soll MitarbeiterInnen motivieren und Identifizierung mit dem Betrieb schaffen. Das gezeigte Verhalten jedoch fördert Unsicherheit und Ängste, die Arbeit zu verlieren. Es führt dazu, dass die Bereitschaft, sich zu engagieren, völlig verloren geht.
Bei meiner Recherche zu diesem Thema habe ich den interessanten Ansatz gefunden, dass man aus Märchen einiges für ein gutes Personalmanagement lernen kann.
Deswegen hier nun ein kleines Märchen zum Thema!
Märchenhaftes Personalmanagement
– inspired by ambulante dienste e.V. –
Es war einmal ein Unternehmen in dem viele, viele Menschen auf der Basis von kapazitätsorientierten Arbeitsverträgen arbeiteten. Sie arbeiteten dort glücklich und zufrieden; sie hatten ihr Auskommen, es gab flache Hierarchien und die MitarbeiterInnen fühlten sich und ihre Arbeit wertgeschätzt.
Doch eines Tages wurde das Geld knapp und der Chef des Unternehmens dachte sich, da muss ich mir unbedingt was einfallen lassen. So kann es nicht weitergehen. Und er wandelte grübelnd durch die Flure des Unternehmens und überlegte und überlegte und grübelte und grübelte.
Und plötzlich hatte er eine brillante Idee. „Wieso bin ich nicht schon viel früher auf diese Idee gekommen? Ich kürze einfach die Löhne und gebe allen eine Änderungskündigung und schon ist das Problem gelöst und alles wieder gut.“
Das wäre auch gut gegangen, wenn da nicht der böse Betriebsrat gewesen wäre, der sofort laut aufschrie und den MitarbeiterInnen sagte, dass sie das nicht hinnehmen müssten. Darauf schrie der Unternehmer Zeter und Mordio. „Ich habe es doch nur gut gemeint.“ Aber wie wir wissen, ist gut gemeint das Gegenteil von gut. Und er beschuldigte den Betriebsrat, mit seinem Widerstand den Untergang des Unternehmens zu fördern.
Der Betriebsrat nahm jedoch nur seine Aufgabe wahr und erklärte den MitarbeiterInnen, dass sie gegen die Änderungskündigung klagen könnten. Und einige MitarbeiterInnen wollten tatsächlich die Änderungskündigung nicht hinnehmen und klagten. Und siehe da, auch das Arbeitsgericht vertrat die Auffassung, dass der Chef die Löhne nicht einfach so und ohne Beteiligung des Betriebsrates hätte kürzen dürfen, nur um sein Defizit zu kompensieren. Und der Chef zeterte und zeterte und weinte bitterlich.
Doch es half alles nichts – er musste die Änderungskündigungen zurücknehmen. Und um des lieben Betriebsfriedens willen, nahm er sie nun für alle zurück. Und es kehrte wieder Frieden ein.
Alle arbeiteten friedlich miteinander. So ging es einige Jahre. Dann lief es wieder nicht mehr rund in dem Betrieb. Die Zielsetzungen konnten nicht mehr wie gewünscht, erreicht werden. Der Chef sagte: „So kann das nicht weitergehen; eine Lösung muss her.“ Und wieder wandelte der Chef grübelnd durch die Flure; und er überlegte und überlegte und er grübelte und grübelte.
Und plötzlich hatte er wieder eine brillante Idee. Er sagte sich: „Meinen MitarbeiterInnen geht es sowieso viel zu gut. Sie verdienen zu viel und arbeiten viel zu wenig und deswegen kann ich meine Aufträge nicht wie gewünscht erfüllen.
Von jetzt ab weise ich ihnen einfach Arbeit zu und dann ist mein Problem gelöst. Wieso bin ich bloß nicht schon viel früher darauf gekommen.“ Also lies er eine Verlautbarung verschicken, dass ab sofort jeder zur Arbeit verpflichtet werden könne.
Und wieder trat der böse Betriebsrat auf den Plan und beriet die MitarbeiterInnen über ihre Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren.
Um nun nicht nochmals vor dem Arbeitsgericht zu scheitern, nahm der Chef diese Anweisung wieder zurück; und nicht nur das. Er bot den MitarbeiterInnen sogar neue Arbeitsverträge an – weg von den kapazitätsorientierten Verträgen.
Und die MitarbeiterInnen freuten sich und jubelten. Und es wurde ein großes Fest gefeiert. Und alle gingen wieder gern zur Arbeit.
Und wenn sie nicht gekündigt haben, dann arbeiten sie noch heute glücklich dort.