Mahnwache der Streikenden von CFM

Es ist die zehnte Streikwoche. Eine Handvoll CFM Mitarbeiter_innen stehen Tag und Nacht vor der SPD Zentrale. Sie erzählen, dass sie keinen Tarifvertrag haben, alle zu unterschiedlichen Konditionen eingestellt sind und insgesamt zu viel schlechteren Bedingungen und wesentlich billiger arbeiten als ihre Kollegen_innen von der Charité.

Die CFM wurde 2006 aus der Charité ausgegliedert. Sie gehört seitdem zu 51% der Charité und zu 49% einem Konsortium aus Dussmann, VAMED und Hellmann.

„Die CFM hat sich in den vergangenen knapp dreieinhalb Jahren zu einem Erfolgsmodell einer öffentlich-privaten Partnerschaft entwickelt. (…) Dank der internationalen Management-Erfahrung von VAMED, Dussmann und Hellmann gelang es, Arbeitsabläufe zu straffen, Prozesse zu vereinfachen und Synergien zu nutzen. (…) Dadurch konnten die Kosten für die Charité gesenkt und gleichzeitig die vorgegebenen Qualitätsstandards erfüllt werden. Insgesamt erzielte die CFM seit Anfang 2006 Einsparungen in Höhe von 90 Millionen Euro.“ (PR-Text von VAMED 2009).

Das Video auf Labournet.tv vom 15.11.2011 (deutsch | 7:30 min | 2011): Mahnwache der Streikenden von CFM

Siehe auch:

Berliner CFM-Kolleg_innen auf Solibesuch in HH
Solidaritätsflugblatt aus Bremen
Blog CFM-Solikomitee

S-Bahn-Uwe sagt, wie es ist

57 Tage Arbeitskampf bei Charité-Tochter: CFM-Beschäftigte und Gewerkschafter anderer Berliner Großbetriebe machen sich auf öffentlicher Streikversammlung gegenseitig Mut

S-Bahn Uwe sagt wie es ist

An die 400 Leute drängen sich am Montag nachmittag in einem der größten Versammlungssäle in der ver.di-Bundeszentrale am Spreeufer in Berlin-Kreuzberg: Krankenwagenfahrer, Köche, Mechaniker, Wachschützer, Gebäudereinigerinnen. Sie zählen zum ehemaligen »Arbeiterbereich« der Charité, zuständig für die »patientenfernen Dienstleistungen« und seit fünf Jahren auch Geschäftsfeld der privaten Anteilseigner Dussmann, Hellmann, Vamed. Seit 57 Tagen streiken die Kollegen für einen Tarifvertrag.

2500 Beschäftigte arbeiten bei der »Charité Facility Management GmbH«, rund 700 davon, die »Gestellten«, wie sie hier heißen, haben noch Arbeitsverträge mit der Charité, die am Flächentarifvertrag des öffentlichten Dienstes orientiert sind. Die große schweigende Mehrheit derer, um die es bei diesem Arbeitskampf geht, sieht man heute nicht. Die, die hier versammelt sind, haben acht Wochen durchgehalten, auf ihre bescheidenen Löhne für ein noch schmaleres Streikgeld verzichtet. Und keiner kann ihnen sagen, wie lange sie noch durchhalten müssen und ob es sich am Ende für sie auszahlen wird.

Ein Mann mit Gitarre klettert aufs Podium. Es ist der argentinische Liedermacher Pablo Miro. »Somos el poder« singt er, wir sind die Macht. Die Leute stimmen ein. Das gemeinsame Singen von Kampfliedern kann schnell zu einer peinlichen Veranstaltung werden. Aber das wird es heute nicht, die Stimmung ist gelöst.

Der Schauspieler Rolf Becker aus Hamburg kommt auf die Bühne, rezitiert Brecht, Marx, Tucholsky. »Herr Dussmann sollte nachdenken«, sagt er, »und seinesgleichen, die versuchen, euch niederzuknüppeln.«

Eine Einsatzhundertschaft der Berliner Bereitschaftspolizei hatte vergangene Woche eine Flashmobaktion in Dussmanns »Kulturkaufhaus« in der Friedrichstraße gewaltsam unterbunden. Das Geschäft blieb für eine Stunde geschlossen, Gewerkschafter schätzen den Umsatzausfall auf acht- bis neuntausend Euro.

Es gibt noch mehr kleine Erfolge. »Ihr habt es immerhin geschafft, daß ein Mitglied des Deutschen Bundestages eine Ultraschalluntersuchung verschieben mußte«, sagt Stephan Gummert von der ver.di-Betriebsgruppe der Charité. Es war kein dringender Fall, betont er. Den Namen des oder der Abgeordneten will er »aus Datenschutzgründen« nicht verraten.

Gewerkschafter aus anderen Berliner Betrieben treten ans Mikro, Vivantes, Telekom, ein Mitarbeiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Eine Vertrauensfrau der Bahngewerkschaft EVG bei DB Station&Service kennt sich mit Ausgliederungen aus: »Wir haben in Berlin allein 60 Betriebe, die alle zur Deutschen Bahn AG gehören.« Drei Lokführer von der GDL gehen aufs Podium. »Warum wurde die CFM überhaupt gegründet?« fragt einer, der sich als »Uwe vonner S-Bahn« vorstellt. »Nur um Dumpinglöhne zu zahlen. Das ist ihre einzige Daseinsberechtigung, das ist wie mit den Privatbahnen.«

Ein Schlosser von Siemens, der »grad’ von der Frühschicht« kommt, sagt: »Unsere Arbeitsbedingungen gleichen sich immer mehr an, unsere Probleme auch: Outsourcing, Leiharbeit, verschiedene Tarifverträge in einem Betrieb.«

Yüksel Vatanas, Betriebsratsvorsitzender des Baumaschinenherstellers CNH, berichtet vom langen Streik, mit dem er und seine Kollegen 2006 die drohende Werksschließung abwendeten. Immerhin 100 von 500 Arbeitsplätzen konnten gerettet werden, für die Gekündigten mußte CNH die Abfindungssumme verdoppeln. »Als der Konzern damals die Baumaschinen abtransportieren wollte, sind bei fast allen die Reifen geplatzt«, sagt Yüksel, »aber: Alles wetterbedingt!« Der Saal johlt, Yüksel lacht. »Seid kreativ! Dann könnt ihr’s schaffen.«

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