Presseerklärung des Vereins
Demokratischer Ärztinnen und Ärzte
Kurz vor Jahresende wird in der Koalition laut über eine Änderung der Praxisgebühr nachgedacht. Die von der rot-grünen Regierung 2004 eingeführte Praxisgebühr von 10 Euro pro Arztbesuch im Quartal hat nie die gewünschte Steuerungsfunktion für Arztkontakte erfüllt – im Gegenteil: Nachweislich wurde von dieser Zuzahlung gerade ärmere Menschen vom Arztbesuch abgehalten.
Mit 2,5 Mrd. Euro stellt sie aber eine Zusatzeinnahme der Krankenkasse dar, die allein von den Kranken und nicht von den Versicherten getragen wird.
Jetzt wird diskutiert, eine Gebühr von 5 Euro pro Praxisbesuch zu erheben. Dadurch werden PatientInnen, die chronisch krank sind und deshalb häufiger den Arzt aufsuchen müssen, noch mehr belastet. Finanziell schlechter Gestellte werden vom Arztbesuch abgehalten, während die besser Verdienenden sich auch weiterhin den Arztbesuch „leisten“ können. Nebenbei wird der bürokratische Aufwand in der Arztpraxis noch höher als er jetzt schon ist.
In Deutschland gibt es nicht nur besonders viele Arztkontakte, diese sind jeweils auch extrem kurz. Eine Steuerung der Häufigkeit von Arztkontakten ist nicht über eine finanzielle Belastung der PatientInnen zu erreichen, da sie vorrangig systeminduziert ist. Soll die Häufigkeit von Arztkontakten reduziert werden, so müsste z.B. die Quartalsbudgetierung im Gesundheitswesen aufgehoben werden, da sie zur routinemäßigen Wiedereinbestellung von Patienten führt, die nicht medizinisch sondern rein finanziell motiviert sein kann. An solchen systemischen Punkten müsste angesetzt werden, wenn das Ziel wirklich eine Reduzierung überflüssiger Arztkontakte ist.
Der Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte tritt für eine solidarische Finanzierung des Gesundheitswesens ein, bei der kranke nicht stärker als gesunde Versicherte belastet werden dürfen.
Wir fordern deshalb erneut die Abschaffung jeglicher Praxisgebühr.
Prof. Dr. Wulf Dietrich / Vorsitzender des Vereins Demokratischer Ärztinnen und Ärzte