Sind Sie noch krankenversichert? Glück gehabt. 168000 bisher bei der CityBKK Versicherte können das nicht von sich behaupten. Die Kasse ist pleite, am 30. Juni wird dichtgemacht. Was tun? Alles ganz einfach– bei einer anderen gesetzlichen Kasse einen Aufnahmeantrag stellen, der kann laut Gesetz gar nicht abgewiesen werden, schon ist alles wieder im Lot. So die Theorie der sogenannten Gesundheitsexperten von Philipp Rösler bis Daniel Bahr.
Die Praxis sieht im Rechtsstaat BRD ein wenig anders aus. So berichtete die rbb-»Abendschau« am Donnerstag über ca. 300 zumeist ältere, teilweise auch behinderte Menschen, die stundenlang– tatsächlich bis zu dreieinhalb Stunden – vor der Geschäftsstelle der AOK in Berlin-Weißensee warten mußten, nur um einen Aufnahmeantrag ausfüllen zu können. Laut »Abendschau« wollte die AOK Ex-City-BKK-Mitglieder nur dann versichern, wenn sie sich persönlich vorstellten.
Noch dreister verhielt sich offenbar die Barmer GEK. Eine der vor der AOK-Geschäftstelle Wartenden erzählte den rbb-Reportern, sie habe sich ursprünglich bei der Barmer GEK versichern wollen. In deren Geschäftsstelle am Berliner Alexanderplatz habe man ihr allerdings die Auskunft gegeben, man sei eine »Ersatzkasse, keine Auffangkasse«. Sie solle doch verstehen, daß man »aussortieren« müsse. Brächte sie als ältere Antragstellerin allerdings drei junge Leute mit, könne sie selbst auch Mitglied werden.
Waren aber keine drei jungen Gesunden da, so blieb nur der Weg zur AOK, die mit ihrer Taktik des Zermürbens durch Warten anscheinend weniger Erfolg hatte, ältere und kranke Neumitglieder abzuwimmeln. Der Mariannen-Apotheke am Brunsbütteler Damm in Berlin-Spandau dagegen ist das Alter der Patienten schnuppe. Dort nimmt man auch von jungen Leuten keine Rezepte mehr an, wenn sie auf die City-BKK ausgestellt sind. Der Grund laut rbb-»Abendschau«: Die Kasse schulde der Apotheke bereits jetzt rund 6000 Euro.
So ist die Lage auf dem BRD-Gesundheitsmarkt im Mai 2011. Das Gesundheitswesen, das es einmal gegeben hat, ist durch eine Flut von sogenannten Gesundheitsreformen von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP gründlich zerstört worden. Übrig geblieben ist ein Markt, in dem es nicht mehr darum geht, Kranke gesund zu machen, sondern sich gesundzustoßen. Wer krank ist, stört dabei. Offen ins Gesicht gesagt wird einem das – siehe oben – schon heute. Die Frage ist, wie viele Gesundheitsreformen es noch braucht, bis auch die Gesetze in vollem Umfang den wachsenden Profitbedürfnissen entsprechen.
Noch jedenfalls gibt sich das Bundesgesundheitsministerium entsetzt und empört. Das Abweisen von Versicherten der City BKK sei »unerhört« und rechtswidrig. Das Bundesversicherungsamt hat Kassen, die so agieren, sogar »Konsequenzen« angedroht. Aber eine Kasse ist eben eine Kasse und bleibt das auch nach »Konsequenzen«. Sie kassiert also weiter. Die wirklichen Konsequenzen sind von den Versicherten zu tragen mit den entsprechenden negativen Folgen für ihren Geldbeutel und vor allem ihre Gesundheit. Die das Geld ins System pumpen sind eben die einzigen, die darin keine Lobby haben.
Übrigens wurde am Freitag bekannt, daß nach der City BKK nun auch die BKK für Heilberufe vor der Insolvenz steht, falls sich bis Ende Mai kein Fusionspartner findet.
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