Claudia! Du musst bleiben!

Garantierter Alltag!

8:17 Uhr! Gerade noch die S-Bahn bekommen! Pünktlicher Dienstbeginn! Kurz vor 9:00 Uhr! 11:37 Uhr: Anruf Rufbereitschaft im Einsatz: „Die Nachtschicht hat sich gerade krank gemeldet, ich wollte nur mal fragen, ob du heute länger bleiben könntest?“ „Ungern, weil…“

Die Garantenpflicht wird durch die entsprechende Garantenstellung begründet. Die einzelnen Umstände, die diese Garantenstellung begründen, sind ungeschriebene Tatbestandsmerkmale der unechten Unterlassungsdelikte. In der aktuellen Lehre werden zwei grundsätzliche Arten von Garantenstellungen angenommen, die wiederum verschiedene Entstehungsgründe haben können.

Rufbereitschaft: „Ja klar, wir sind dran!“ „Hallo“ – inzwischen 11:41 Uhr – „es geht um heute abend um 21:00 Uhr, ist nicht wahr, oder?“ Arbeitsalltag: ein Handgriff hier, eine Notiz dort, ein Gespräch, eine Frage, eine gewöhnlich-spezifische Assistenzhandlung, 12:50 Uhr, 13:34 Uhr, 14:58 Uhr – war da nicht was? „Haben die angerufen?“ „Komisch ja, so langsam könnten die ja wieder…“

Die Garantenstellung kann auch gegeben sein, wenn eine Person in einer Pflichtenposition steht, in der sie dafür einzustehen hat, dass sich die Gefahren, die von einer bestimmten Gefahrenquelle ausgehen, nicht realisieren.

15:42 Uhr! Duschen! Körperpflege! Ich rauch mal eine! Durchwischen, draußen Regen! Rechner, Tabletten, zur Seite ziehen, Haltungskorrekturen, Entlastung – „Ich bring dann mal den Müll runter“… Gedanke: haben DIE inzwischen zurückgerufen? Neee, wahrscheinlich nicht, vielleicht aber….

Bei gewissen Tatbeständen wird das Nichtstun bestraft. Wer nichts unternimmt, um einen vom Gesetz verbotenen Sachverhalt zu verhindern, macht sich strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Tatbestand nicht eintritt. Diese Verpflichtung zum Tätigwerden wird als Garantenpflicht bezeichnet. Sie kann auf einem Gesetz, einem Vertrag oder einem besonderen Vertrauensverhältnis beruhen.

Selbstanruf: „Wir wollten mal nachfragen, ob…“ „Wer?“ „Also…“ „Ach so, ja… sorry…wußte jetzt nicht gleich… die Rufbereitschaftsassistent_innen sind schon draußen“ „Aha, und?“ „Wir warten noch auf ein paar Rückrufe“ „Ja, okay, bittebitte…“ 18:12 Uhr, Herbst, Dämmerung, hallo? Das kann doch nicht sein, oder? Halllooohhh?

19:12 Uhr! Abendessen nochmals aufwärmen! Mikrowelle! Das Telefon klingelt: Mama ruft auf dem Festnetz an! Abnehmen, annehmen, Lautsprecher, positionieren! Das Handy klingelt, abnehmen: „Hier bei..,“ „Also ich wollte schon mal sagen, dass es sein könnte, dass…wir warten nach wie vor noch auf ein paar Rückrufe!“ „Ja okay…“

Prinzipiell ist immer zu klären, ob der Garant in der Lage gewesen wäre zu handeln und einen Schaden tatsächlich verhindert hätte.

Hallo geht´s noch? Scheiße, jetzt klingelt mein Handy… 20:51 Uhr! „Du, ich weiß noch nicht, sieht schlecht aus…“ „Dann ruf doch die Feuerwehr“ „Ach, ich weiß nicht, Scheiße!!“ Aus dem Off: „Könntest du mal kurz…“

Verpflichtung zum Handeln aufgrund Gesetzes, Vertrags, vorangegangenen Tuns oder aus einem Gemeinschaftsverhältnis, deren Verletzung ein Unterlassungsdelikt darstellt, wenn ein Erfolg eintritt, dessen Herbeiführen durch Strafgesetz verboten ist.

21:58 Uhr! Mir schwinden die Sinne! Cola und Kekse bis morgen früh! 21:59 Uhr! Klingelt es? Nein! 22:34 Uhr! Jetzt ist es vorbei! Endgültig! „Könntest du mal…“ Cola und Kekse!

Mit dem Begriff Garantenpflicht müssen sich alle Angehörige von Berufsgruppen beschäftigen, die in irgendeiner Weise Verantwortung für das Tun und Handeln anderer Menschen übernehmen.

23:45 Uhr! Gute Nacht! „Sorry, dass…“ “ Ist schon okay, du kannst ja nichts dafür…“ „Schlaf gut“ „Ja, gute Nacht“

Edith schreit aus dem Wohnzimmer: Mit der Garantenstellung könnten wir eigentlich die Dienstanweisung abschaffen, einmal im Einsatz, immer im Einsatz!

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Aus dem Betrieb veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.